Wegweisend oder überholt? Die Ernährungspyramide im Check

Die einen halten sie für das Maß aller Dinge. Die anderen verteufeln sie. Die Rede ist von der Ernährungspyramide. Doch wie aussagekräftig ist das Modell tatsächlich? Und kann ein einfaches Diagramm ein solch komplexes Thema wie Ernährung überhaupt vollständig abbilden? In diesem Artikel finden wir gemeinsam heraus. Gib uns 10 Minuten deiner Zeit und wir verraten dir: - wie die Ernährungspyramide aufgebaut ist - welche Ernährungsempfehlungen sich daraus ableiten lassen - warum die Empfehlungen der Ernährungspyramide nicht für jede Person passen - welche Alternativen es zur Ernährungspyramide gibt Bereit? Dann lass uns mit einer kurzen Erklärung der Ernährungspyramide starten:

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Definition Ernährungspyramide: Was ist die Ernährungspyramide und wie ist sie aufgebaut?

Bei der Ernährungspyramide handelt es sich einfach erklärt um ein Diagramm mit pyramidenförmigem Aufbau, das Lebensmittel in vermeintlich gesunde und weniger gesunde Lebensmittel einteilt ‒ und daraus ableitend Mengenempfehlungen für den Verzehr gibt.

Demnach befinden sich unten die Lebensmittel, die in großen Mengen konsumiert werden sollten. Und je weiter man in der Pyramide nach oben geht, desto niedriger fällt die Mengenempfehlung der aufgeführten Lebensmittel gemessen an der Gesamternährung aus.

Die erste Ernährungspyramide wurde 1970 von der Harvard University entwickelt und umfasste 3 Stufen. Bei heutigen Pyramiden-Modellen werden die Lebensmittel über 4, 5, 6 oder gar 7 Ebenen verteilt (dazu gleich mehr).

Zwei Eigenschaften sind jedoch in fast allen Lebensmittelpyramiden gleich:

  • Nahezu alle Modelle betonen eine großzügige Flüssigkeitszufuhr als Basis für Gesundheit und Vitalität
  • Süßigkeiten werden stets ganz oben platziert und folglich mit einer niedrigen Mengenempfehlung in Verbindung gebracht

Wie viele Ernährungspyramiden gibt es und wie unterscheiden sich die verschiedenen Modelle?

Wir haben es bereits angedeutet: Sucht man bei Google mit dem Suchbegriff „Ernährungspyramide“, tauchen verschiedene Modelle auf. In Deutschland dominieren zwei Varianten:

  • Die 5-stufige Ernährungspyramide der DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung)
  • Die 6-stufige Ernährungspyramide des BZfE (Bundeszentrum für Ernährung)

Wir sehen uns beide Varianten gleich genauer an, damit du eine Vorstellung von den Gemeinsamkeiten und Unterschieden bekommst.

Die 5-stufige Ernährungspyramide der DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung)

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat eine Ernährungspyramide für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit insgesamt 5 Ebenen veröffentlicht. Jede Ebene enthält allgemeine Mengenempfehlungen pro Tag für die darin enthaltenden Lebensmittel:

Ebene 1 ‒ Flüssigkeit: Mindestens 1,5 Liter pro Tag

Ebene 2 ‒ Gemüse und Obst: Bis zu 5 Portionen täglich, wobei zu zwei Drittel auf Gemüse und zu einem Drittel auf Obst zurückgegriffen werden sollte

Ebene 3 ‒ Getreide, Reis, Kartoffeln: Mehrere Portionen täglich konsumieren

Ebene 4 ‒ Fleisch Fisch, Milchprodukte, Eier: 1x pro Tag konsumieren, wobei zu zwei Drittel auf Milchprodukte und zu einem Drittel auf Fleisch, Fisch und Eier zurückgegriffen werden sollte

Ebene 5 ‒ Süßes sowie Streichfette & pflanzliche Öle: Beide Kategorien sollten sparsam konsumiert werden

Hinweis: Die DGE-Ernährungspyramide ist auch als dreidimensionale Variante erhältlich, welche die Mengenangaben der verschiedenen Kategorien noch greifbarer macht.

Die 5-stufige Ernährungspyramide

Die 6-stufige Ernährungspyramide des BZfE (Bundeszentrum für Ernährung)

Die BZfE-Ernährungspyramide besteht aus 6 Stufen. Jede Ebene enthält wiederum einzelne Bausteine, die einen Hinweis zur empfohlenen täglichen Verzehrmenge geben. Zur Verdeutlichung sind die verschiedenen Ebenen der Ernährungspyramide in unterschiedlichen Farben gekennzeichnet:

Grün = reichlich konsumieren

Gelb = mäßig konsumieren

Rot = sparsam konsumieren

Ebene 1 ‒ Flüssigkeit: Ebene 1 besteht aus insgesamt 6 Bausteinen und gibt damit ca. 6 Gläser Wasser als Mengenempfehlung vor

Ebene 2 ‒ Gemüse und Obst: Ebene 2 besteht aus 5 Bausteinen, wobei 2 Bausteine für Obst und 3 Bausteine für Gemüse reserviert sind

Ebene 3 ‒ Getreide, Reise, Kartoffeln, Hülsenfrüchte: Ebene 3 gibt 4 Portionen der genannten Lebensmittel vor

Ebene 4 ‒  Fleisch, Fisch, Milchprodukte, Eier: In Ebene 4 sind 3 moderate Portionen für Milchprodukte und 1 moderate Portion für Eier, Fleisch oder Fisch eingeplant

Ebene 5 ‒ Streichfette & pflanzliche Öle: Ebene 5 gibt je eine Portion pro Tag für pflanzliche Öle und Streichfette vor

Ebene 6 ‒ Süßigkeiten & Snacks: Für süße und salzige Snacks ist maximal eine Portion pro Tag vorgesehen

Die 6-stufige Ernährungspyramide

Gibt es noch andere Lebensmittelpyramiden, die von Bedeutung sind?

Das Bundeszentrum für Ernährung hat auch eine vegetarische Ernährungspyramide veröffentlicht, welche der klassischen Variante relativ ähnlich ist. Einziger Unterschied: Fleisch und Fisch werden durch Hülsenfrüchte ersetzt.

Eine offizielle, weltweit anerkannte vegane Ernährungspyramide, die von einer internationalen Gesundheitsorganisation herausgegeben wurde, existiert bislang noch nicht.

Allerdings haben verschiedene Organisationen und Experten im Bereich der pflanzlichen Ernährung ihre eigenen Modelle und Empfehlungen entwickelt, um so eine ausgewogene vegane Ernährung zu unterstützen.

Diese Modelle betonen typischerweise den Verzehr von pflanzlichen Lebensmitteln und bieten Richtlinien für den Ausgleich wichtiger Nährstoffe, die in einer rein pflanzlichen Ernährung im Blick behalten werden sollten.

Ein Beispiel ist die vegane Ernährungspyramide Vegan Food Pyramid der Physician's Committee for Responsible Medicine (PCRM), einer amerikanischen Organisation von Ärzten und Fachleuten im Gesundheitswesen, die sich für pflanzliche Ernährung und ethische Forschung einsetzt.

In den meisten Ländern gibt es eigene Lebensmittelpyramiden, die sich grob am Aufbau der deutschen Modelle orientieren, jedoch einige Besonderheiten aufweisen.

So legt die Schweizer Ernährungspryramide einen größeren Fokus auf Milch und Käse als wichtige Calciumquelle.

Das österreichische Modell betont die Bedeutung von Vollkornprodukten als Energiequelle und stellt pflanzliche Fette auf eine Stufe mit Milchprodukten.

Die japanische Ernährungspyramide (oft als Ernährungskreisel dargestellt) spiegelt die traditionell japanische Esskultur wider. Dabei liegt die Betonung auf Reis und Getreide als Grundnahrungsmittel, sowie Fisch und Meeresfrüchte, die ebenfalls einen prominenten Platz einnehmen.

Im Jahr 2019 machte die Ernährungspyramide Kanadas Schlagzeilen, als der Staat Milchprodukte von der sogenannten „Eat Well Plate“ verbannte.

Erwähnenswert sind außerdem spezifische Modelle, wie zum Beispiel die Ernährungspyramide bei Diabetes.

Wie sieht eine Ernährung nach der Ernährungspyramide aus?

Folgst du den Empfehlungen der Ernährungspyramiden, solltest du täglich ca. 1,5 bis 2 Liter ungesüßte Getränke und 3 - 5 Portionen Obst und Gemüse zu dir nehmen.

Serviere zu jeder Hauptmahlzeit sättigende Kohlenhydrate wie Brot, Nudeln, Reis oder Kartoffeln und ergänze deinen Ernährungsplan täglich mit moderaten Mengen an fettarmen Milchprodukten wie Ricotta, fettarmer Milch, Parmesan oder Mozzarella.

Fleisch oder Fisch solltest du auf wenige fettarme Portionen pro Woche beschränken und maximal 1x pro Tag konsumieren. Versorge deinen Körper zudem täglich mit 1 - 2 Esslöffeln an pflanzlichem Öl. Tierische Fette sowie zucker- und salzreiche Lebensmitteln solltest du laut Ernährungspyramide nur gelegentlich konsumieren.

Welche Bedeutung hat die Ernährungspyramide in unserer Gesellschaft?

Die Lebensmittelpyramide des Bundeszentrums für Landwirtschaft und Ernährung ist in Deutschland weit verbreitet. Das BZfE gehört zur Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung ‒ eine deutsche Bundesbehörde, die dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft unterstellt ist. Es stellt hierzulande die offiziellen Empfehlungen und Referenzwerte im Bereich Ernährung bereit.

Die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) ist offiziell ein Verein. Dieser wird aber vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert.

Die DGE-Ernährungspyramide gilt als die offiziell anerkannte Variante, auf deren Erkenntnissen sich die Bundesregierung bei Empfehlungen stützt und deren Vorgaben auch in deutschen Kindergärten und Schulen unterrichtet werden.

Vorteile der Ernährungspyramide

Einfacher Leitfaden für eine ausgewogene Ernährung

Die Lebensmittelpyramide bietet eine klare visuelle Orientierungshilfe, um Verbrauchern zu zeigen, welche Lebensmittelgruppen in welchen Mengen für eine ausgewogene Ernährung wichtig sind.

Betont die Vielfalt in der Lebensmittelauswahl

Sowohl die DGE- als auch die BZfE-Pyramide betonen die Bedeutung von Vielfalt in der Ernährung, indem sie eine breite Palette von Lebensmittelgruppen einschließen. Dies fördert eine ausgewogene Nährstoffaufnahme.

Unterstreicht die Bedeutung von Obst und Gemüse

Beide Pyramiden-Modelle setzen Obst und Gemüse an prominente Stelle. Das fördert einen höheren Verzehr dieser mikronährstoffreichen Lebensmittel.

Betont die Wichtigkeit einer hohen Flüssigkeitszufuhr

Die Ernährungspyramide nimmt Flüssigkeiten, insbesondere Wasser, als wichtigen Bestandteil der Ernährung auf und betont die Bedeutung einer ausreichenden Flüssigkeitszufuhr.

Nachteile der Ernährungspyramide

Unzureichende Vereinfachung komplexer Zusammenhänge

Die Lebensmittelpyramide ist eine vereinfachte Darstellung eines komplexen Themas, berücksichtigt jedoch nicht die individuellen Bedürfnisse jeder Person.

Ernährungspyramide ist womöglich nicht immer auf dem neuesten Stand

Die Wissenschaft kommt ständig zu neuen Erkenntnissen. Die offiziellen Empfehlungen aus der Ernährungspyramide gelten jedoch meistens für viele Jahre und veralten mit fortschreitender Zeit.

Ungenaue Darstellung von Portionen

Was ist laut Ernährungspyramide eine Portion? Diese Frage wird leider nicht genau beantwortet. Von offizieller Seite spricht man in diesem Zusammenhang oft von „einer Hand voll“, was jedoch reichlich Interpretationsspielraum lässt. Deshalb haben Menschen oft Schwierigkeiten, die empfohlenen Mengen genau einzuschätzen.

Nüsse und Hülsenfrüchte sind unterrepräsentiert

Nicht alle Lebensmittel werden in der Ernährungspyramide eindeutig aufgeführt. So fehlen Nüsse und Hülsenfrüchte in den beiden offiziellen deutschen Modellen.

Ernährungspyramide = gesunde Ernährung?

Grundsätzlich bietet die Ernährungspyramide gute Leitlinien für eine ausgewogene Ernährung.

So kann die Ernährungspyramide beispielsweise beim Abnehmen von Nutzen sein. Gerade Neulinge tun sich bei der Ernährungsumstellung oft schwer. Hier helfen die Empfehlungen der Lebensmittelpyramide, weil sie zeigen, welche Speisen wie viel Platz in einer ausgewogenen Ernährung einnehmen sollten.

Zudem kann die Ernährungspyramide durchaus ein probates Mittel sein, um der weit verbreiteten Mangelernährung entgegenzuwirken, denn: Wie zahlreiche Studien beweisen, konsumieren die meisten Menschen zu viel Fleisch und zu wenig Obst und Gemüse.

Allerdings wird die Ernährungspyramide auch oft als veraltet kritisiert. Der Grund: Es handelt sich um stark verallgemeinerte Empfehlungen und Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Lebensmitteln werden nicht berücksichtigt.

Darüber hinaus entsteht der Eindruck, dass Fett in der Pyramide zwangsläufig verteufelt wird. Dies gilt speziell für die DGE-Ernährungspyramide, welche pflanzliche Öle und Fette auf eine Stufe mit Süßigkeiten stellt ‒ eine Bewertung, die wissenschaftlich bereits vor vielen Jahren widerlegt wurde. 

Aus diesem Grund solltest du dich nicht blind auf die Empfehlungen aus der Lebensmittelpyramide verlassen. Unser Tipp: Sieh dir unbedingt auch andere Modelle und Ernährungsformen an.

Gibt es Alternativen zur Ernährungspyramide?

Ja, es gibt Alternativen zur Ernährungspyramide. Beispielsweise sind Tellermodelle weit verbreitet. Hervorzuheben ist dabei die amerikanische MyPlate, welche dort die zuvor etablierte Ernährungspyramide als offizielle Ernährungsempfehlung abgelöst hat.

Sie zeigt, wie eine ausgewogene Mahlzeit aufgebaut sein sollte und unterteilt einen Teller gleichmäßig in die Bereiche Gemüse, Obst, Protein, Getreide und Milch.

Ebenfalls weit verbreitet sind Ampelmodelle wie der Nutri-Score . Mengenempfehlungen gibt es hier nicht. Stattdessen werden Lebensmittel anhand eines Ampelsystems bewertet.

Damit soll auf den ersten Blick ersichtlich sein, welche Lebensmittel tendenziell häufig konsumiert und welche Lebensmittel besser nur in Maßen verspeist werden sollten.

Die Nutri-Score-Scala

Fazit zur Ernährungspyramide: Richtungsweisend, aber nicht verbindlich

Am Ende des Tages ist kein Lebensmittel pauschal gut oder schlecht.

Eine gesunde Ernährung steht und fällt mit der Vielseitigkeit der integrierten Lebensmittel und einer bedürfnisorientierten Dosierung.

Denn die individuelle Situation jedes Menschen ist unterschiedlich. Faktoren wie Alter, Gesundheitszustand, Gewicht oder der Grad der sportlichen Betätigung beeinflussen maßgeblich, was der eigene Körper braucht.

Wenn du eine gesündere Lebensweise anstrebst, solltest du anfangen, bewusst zu essen, sprich:

  • Wissenschaftlich relevante Empfehlungen (wie zum Beispiel aus der Ernährungspyramide) verinnerlichen
  • Ein Gespür dafür entwickeln, was der eigene Körper in seiner individuellen Situation benötigt
  • Hauptsächlich unverarbeitete, „echte“ Lebensmittel verwenden
  • Einkauf, Zubereitung und Konsum proaktiv und konsequent anhand dieser Vorgaben steuern

 

Und ja, auch Käse kann in einer bewussten Ernährung eine wichtige Rolle spielen ‒ zum Beispiel, um kalorienarme Rezepte aufzupeppen und zu verfeinern. Inspiration und Tipps findest du wie immer bei ich-liebe-käse.de.